carl prüter und der sulinger magistrat


15.02.2020 - "Ihr könnt das Wort verbieten, Ihr tötet nicht den Geist, der über euren       Lügen wie ein stolzer Adler kreist"

„Die Dunkle Zeit“ - Dreh vom 15.02.2020

 

Es gibt Themen, die sind einfach anders als andere. Sie sind aber genauso wichtig und dürfen in einem historischen Kontext nicht ausgelassen werden. Dazu gehören die Ereignisse, die wäh­rend der Zeit von 1933 bis 1945 stattfanden. Im beschaulichen Sulingen war es nicht an­ders, als überall im damaligen Deutschland. Die NSDAP hatte schon vor 1933 einen großen Einfluss.

 

Auch in Sulingen war es mit Demokratie und Freiheit im Jahre 1933 vorbei. Dies wird ganz deutlich, wenn man sich die Geschehnisse vor Augen führt: Die SA-Abteilung marschiert durch Sulingen und singt Hetz­lieder gegen Juden, es werden Scheiben eingeschmissen und ein Demokrat, der sich gegen diese Entwicklungen stellt, wird zur Perso­na non Grata.

 

An diese dunkle Zeit erinnern das Denkmal gegen das Vergessen, die Stolper­steine, oder die Oberschule, die nach dem SPD Funktionär Carl Prüter benannt wurde.

 

Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema wurde uns schnell bewusst, dass es einen sensib­leren Umgang erfordert, als andere Geschehnisse der heimischen Vergangenheit. Wir haben uns entschieden die erste Magistratssitzung im April 1933 nachzustellen. Die Sulinger Kreiszeitung berichtete damals sehr ausführlich darüber. Auch hatten wird ein Foto, welches im Anschluss an diese Sitzung aufgenommen wurde und die Szenerie ausführlich beschreibt.

Die Atmosphäre wirkte auf viele der Anwesenden bedrückend. Wie sich die Darsteller der 

Ratsherren und der Zuschauer fühlten, haben wir versucht in einem Video einzufangen.

Die erste Herausforderung war es entsprechende Uniformen zu besorgen. Es hat lange gedau­ert, bis wir fündig wurden. Die TheaterKunst in Berlin stattet große Filmproduktionen aus und konnten entsprechende Uniformen zur Verfügung stellen. Es bedurft schon einiger Telefo­nate, sie von der Seriosität des Sulingen-Projekts zu überzeugen. 


1933 fand die Magistratssitzung im Ratskeller statt. Als Drehort schied dieser allerdings aus. Wir entschieden uns für den Theatersaal in Kastens Gasthaus in Schmalförden. Der Saal war groß genug, dass wir den damaligen Sitzungsort so realistisch wie möglich, nachstellen konnten. Wir benötigten verschiedene Fah­nen, Tannengirlanden und Lorbeerbäume, Bilder von Bismarck, Hindenburg und Hitler und natürlich Tische und Requisiten aus der Zeit. Die Hakenkreuzbanner mussten wir selber herstellen. 

Als erstes wurde der Drehtag bei der Stadt Sulingen und der SG Schwaförden, sowie entspre­chende Polizeidienststellen angemeldet. Die Verwendung nationalsozialistischer Kennzeichen (Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen) ist in Deutschland verboten und in bestimmten Fällen erlaubt.

Sulingen-Fahnen stellte uns die Stadt Sulingen, Tannengir-landen die Initiative Sulingen zur Verfügung. Die Lorbeer-bäume bekamen wir von der Baumschule Husmann aus Siedenburg geliehen und entsprechende Traversen und Molton von Andre´ Schröder.

 

Am Freitagnachmittag bauten wir das Szenenbild bei 6°C auf, da der Saal noch nicht geheizt war. Als erstes mussten wir ihn frei räumen - er war für die aktuelle Theatersaison bestuhlt.  Dann die Traversen und Requisiten anbringen, sowie die Technik vorbereiten.


Am Drehtag war es sehr wichtig, dass alle Anwesenden daraufhin gewiesen wurden, keine Fotos zu machen. 35 Komparsen waren eingeladen. Es war nicht einfach Darsteller zu finden, die bereit waren, eine SA-Uniform anzuziehen.

 

Nach der Begrüßung lief das übliche Prozedere ab. Es gab ein Briefing für alle Anwesenden, anschließend musste jeder eine Einverständniserklärung ausfül­len, wurde für die Homepage fotografiert, eingekleidet und geschminkt. Zeitgleich wurde der Saal ausgeleuchtet und die Kameraperspektiven wurden festgelegt. Erst dann ging es in die Kulisse und die Aufnahmen begannen.

Eine besondere Herausforderung war das Hineinversetzen in die damalige Zeit. Das Vokabular war ein völlig anderes und es es verlangte den Darstellern mit Sprechrollen einiges ab, dies authentisch rüberzubringen. Auch das Deutschlandlied mußte gesungen werden. Den Text schrieben wir auf große Tafeln, denn wer kennt schon noch den Wortlaut der ersten Strophe?

 

Nach Beendigung der Dreharbeiten waren alle froh die Uniformen wieder ausziehen zu können. Der Saal mußte wieder so hergestellt werden, wie wir ihn am Vortage vorfanden. Dann ging es nach Sulingen, wo ein Fackelumzug nachgestellt wurde. Die Teilnehmer des vorbeikommen Kohlmarsches schien leicht irritiert zu sein...


Es war ein etwas anderer Drehtag! Vielen Dank an alle Mitwirkenden und Unterstützer!